Wie funktioniert bei Kaninchen die Verdauung?
Für uns ist es kein Problem, wenn wir einen Tag lang nichts essen. Das gilt auch für viele Tiere. Nicht aber für Kaninchen und Hasen! Der Grund dafür liegt in ihrem speziellen Verdauungssystem. Dieses ist nur sehr eingeschränkt dazu in der Lage, Nahrung automatisch weiter zu transportieren.
Der Nahrungsbrei wird üblicherweise durch Muskelkontraktion vom Magen in den Darm befördert. Bei Kaninchen funktioniert dieser Vorgang jedoch nur dann reibungslos, wenn immer wieder frische Nahrung aufgenommen wird und die bereits aufgenommene weiterschiebt (sogenannter Stopfmagen). Dies ist der Grund dafür, warum Kaninchen 60 bis 90 kleine Mahlzeiten pro Tag zu sich nehmen.
Was passiert, wenn Kaninchen nicht fressen?
Wenn ein Kaninchen die Nahrungsaufnahme drastisch reduziert oder sogar vollständig einstellt, gerät der Verdauungsprozess ins Stocken. Im Gegensatz zu Hunden, Katzen oder Menschen kann dies für Kaninchen sehr schnell gefährlich werden. Schon nach etwa zwölf Stunden droht eine ernsthafte Gesundheitsgefahr! Der Grund dafür sind Gärungsprozesse im Magen und Darm.
Kaninchen können keine Luft aufstoßen, sondern sind darauf angewiesen, dass Gase durch den Verdauungstrakt entweichen. Bleibt dieser Prozess aus, stauen sich Gase an, was zu einer schmerzhaften Aufblähung, der sogenannten Trommelsucht, führt.
Die angesammelten Gase verursachen Spannungen in den Organen, wodurch starke Schmerzen und Stress für das Kaninchen entstehen. Zudem können Blutgefäße eingeengt werden, was im schlimmsten Fall zu einem Kreislaufversagen führt. Aus diesem Grund darf Appetitlosigkeit bei Kaninchen niemals auf die leichte Schulter genommen werden. Handeln Sie schnell und suchen Sie unverzüglich einen Tierarzt auf!
Können Hausmittel bei Appetitlosigkeit helfen?
Wenn Ihr Kaninchen aufhört zu fressen und sich ungewöhnlich ruhig verhält, ist es wichtig, sofort zu handeln. Experimente mit Hausmitteln sind in diesem Fall nicht ratsam. Warten Sie nicht bis zum nächsten Tag, denn dann könnte es zu spät sein. Ein Besuch beim Tierarzt ist unvermeidlich, wenn Sie bemerken, dass eines Ihrer Tiere kaum oder gar nicht frisst.
Mögliche Gründe, warum ein Kaninchen nicht frisst
Es gibt zahlreiche Ursachen für Fressunlust bei Kaninchen. Hier sind die häufigsten:
- Überlange Zähne
Kaninchenzähne wachsen ständig nach. In der Natur sorgt faserreiches Futter für einen natürlichen Abrieb. Wenn Ihr Kaninchen jedoch nicht ausreichend Heu frisst, werden die Zähne zu lang und können das Zahnfleisch verletzen, was Schmerzen verursacht. Die Folge: Das Kaninchen hört auf zu fressen.
- Probleme mit der Verdauung
Eine der häufigsten Ursachen für Fressunlust sind Verdauungsstörungen, häufig hervorgerufen durch falsche Ernährung. Kaninchen benötigen ständig Nahrung, um die Verdauung aufrechtzuerhalten. Vor allem Heu, Gräser und Kräuter sind essentiell. Achten Sie darauf, dass sie keine giftigen Pflanzen im Garten oder Haus fressen.
- Parasiten
Parasiten wie Milben oder Würmer können Fressunlust auslösen. Insbesondere auch Kokzidien, kleine einzellige Parasiten, vermehren sich bei Stress oder falscher Ernährung schnell und führen zu Verdauungsstörungen und Appetitlosigkeit.
- Darmverschluss durch Haare
Besonders bei langhaarigen Kaninchen können sich verschluckte Haare im Magen-Darm-Trakt ansammeln und Verstopfungen verursachen. Regelmäßiges Bürsten, vor allem während des Fellwechsels, sowie die Fütterung von ausreichend Rohfaser können dieses Problem verhindern.
- Unsaubere Umgebung
Eine mangelnde Hygiene kann zu Krankheiten oder Parasitenvermehrung führen. Zudem kann verdorbene Nahrung Verdauungsprobleme verursachen. Halten Sie den Lebensraum Ihres Kaninchens stets sauber.
- Stress
Stress wirkt sich negativ auf den Magen-Darm-Trakt aus. Hervorgerufen werden kann er unter anderem durch zu wenig Auslauf, den Verlust eines Partnertiers oder Einzelhaltung. Sie können dazu führen, dass Kaninchen die Nahrungsaufnahme einstellen.
- Erkrankungen
Auch Krankheiten wie etwa die durch Viren verursachte Kaninchenpest können dafür verantwortlich sein, dass ein Kaninchen aufhört zu fressen. Achten Sie auf weitere Symptome wie Schwellungen oder Veränderungen im Verhalten.
Wie reagiere ich richtig, wenn mein Kaninchen nicht frisst?
Wenn Ihr Kaninchen mehrere Stunden nichts frisst und sich in eine Ecke zurückzieht, sollten Sie einen Tierarzt aufsuchen. Teilen Sie ihm alle Symptome mit und beschreiben Sie, was Ihnen aufgefallen ist, wie beispielsweise Magenprobleme, Haarausfall, Kot- oder Zahnveränderungen. Jede Information kann hilfreich sein, um eine schnelle und korrekte Diagnose zu stellen.
Was unternimmt der Tierarzt bei Nahrungsverweigerung?
Zunächst wird der Tierarzt Ihnen Fragen zur Fütterung und Haltung stellen, um mögliche Ursachen herauszufinden. Auch wenn Sie sich unsicher fühlen oder meinen, etwas versäumt zu haben, ist es wichtig, ehrlich und offen über alle Details zu sprechen.
Der nächste Schritt ist eine gründliche Untersuchung des Kaninchens. Der Tierarzt wird das Fell, die Zähne und den allgemeinen Gesundheitszustand überprüfen. In einigen Fällen können Blut- oder Kotuntersuchungen erforderlich sein. Auch bildgebende Verfahren wie Ultraschall oder Röntgen können zum Einsatz kommen.
Die Behandlung richtet sich nach der Diagnose: Zähne müssen möglicherweise geschliffen, Antibiotika verabreicht oder Parasiten bekämpft werden. In schweren Fällen ist eine Infusion notwendig, um das Tier zu stabilisieren. Sollte es sich um eine Gasansammlung handeln, kann eine operative Entlastung erforderlich sein. In bestimmten Fällen muss das Kaninchen auch zwangsgefüttert werden – dies sollte jedoch nur in enger Abstimmung mit dem Tierarzt erfolgen.
Wie können Sie Ihr Kaninchen unterstützen?
Je nach Diagnose kann es erforderlich sein, dass Sie Ihrem Kaninchen Medikamente verabreichen oder es vorübergehend zwangsernähren müssen. In leichteren Fällen reicht es möglicherweise aus, das Tier mit der Hand zu füttern und ihm abwechslungsreiches, schmackhaftes Futter anzubieten. Weichere Nahrung oder eingeweichte Pellets können helfen, wenn z.B. die Zähne das Problem darstellen.
Falls eine Zwangsernährung notwendig ist, sollten Sie Futterbrei herstellen und diesen mit einer speziellen Spritze (ohne Nadel) verabreichen. Pro Kilogramm Körpergewicht benötigt ein Kaninchen etwa 50 Gramm Brei, verteilt auf mehrere Mahlzeiten am Tag. Wichtig ist, dass diese Maßnahme nur in Rücksprache mit dem Tierarzt durchgeführt wird, um unnötigen Stress für das Tier zu vermeiden.
Autor: Thomas Brodmann, vom Team der TIEREXPERTEN
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